Die Novellierung der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung von 2010

Aufgrund der Tatsache, dass die Kirchliche Arbeitsgerichtsordnung, die zum 1. Juli 2005 in Kraft getreten war, von der Apostolischen Signatur nur für einen Zeitraum von fünf Jahren approbiert worden war, musste danach um eine erneute Approbation nachgesucht werden, die nun auf unbestimmte Zeit erteilt wurde. In diesem Zusammenhang wurden auch bestimmte Regelungen der KAGO geändert. Welche Neuerungen gibt es im Wesentlichen in der ab dem 1. Juli 2010 geltenden Fassung der KAGO?

 

Zuständigkeiten und Verfahrensbeteiligte

  • § 2 Abs. 2: Die Kirchlichen Arbeitsgerichte erhalten eine zusätzliche Zuständigkeit für Streitigkeiten aus dem Recht der Mitwirkung in Caritas-Werkstätten für Menschen mit Behinderungen.
  • § 8 Abs. 1 Buchst. c, d: Verfahrensbeteiligte können nunmehr neu auch Mitglieder von Koalitionen nach Art. 6 Grundordnung (also gewerkschaftlichen Zusammenschlüssen kirchlicher Bediensteter) sein, sofern es um Angelegenheiten des Wahlverfahrensrechts (Buchst. c) oder um Angelegenheiten geht, die die Rechtsstellung der Koalition betreffen (Buchst. d).
  • § 8 Abs. 2 Buchst. c: In Angelegenheiten aus dem Recht der Arbeitsgemeinschaften für Mitarbeitervertretungen können nunmehr neu auch die Diözesan-Caritasverbände Verfahrensbeteiligte sein.
  • § 8 Abs. 2 Buchst. d: In Angelegenheiten aus dem Recht der Mitwirkung in Caritas-Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, die neu zur Zuständigkeit der Kirchlichen Arbeitsgerichte gehören (§ 2 Abs. 2 KAGO), können der Werkstattrat und der Rechtsträger der Werkstatt Verfahrensbeteiligte sein.

 

Kostenentscheidungen

  • § 12 Abs. 2: Eine Vorabentscheidung über die Kostenerstattung wird nunmehr durch den vorsitzenden Richter alleine getroffen.

 

Zusammensetzung und Arbeitsweise der Kirchlichen Arbeitsgerichte

  • § 15 Abs. 3: Die Geschäftsstelle des Gerichts wird jetzt grundsätzlich beim jeweiligen Diözesangericht eingerichtet; die Option der Einrichtung beim Bischöflichen Ordinariat entfällt.
  • § 16 Abs. 2: Entscheidungen der Kirchlichen Arbeitsgerichte sind nun auch im Regelfall und nicht nur im Verhinderungsfall unter Beteiligung des stellvertretenden vorsitzenden Richters möglich.
  • § 16 Abs. 3: Hierfür wird ein Geschäftsverteilungsplan für das jeweils folgende Jahr erstellt.
  • § 18 Abs. 2 Buchst. a: Zum vorsitzenden Richter bzw. zu seinem Stellvertreter können nunmehr auch Personen mit der Befähigung zum Richteramt nach kanonischem Recht ernannt werden.
  • § 18 Abs. 2 Buchst. b: Diese dürfen neu auch hauptberufliche Hochschullehrer im kirchlichen Dienst sein.
  • § 18 Abs. 4: Bei vorzeitigem Ausscheiden eines beisitzenden Richters werden Nachfolger jetzt nur noch für die restliche ursprüngliche Amtszeit ernannt.
  • § 18 Abs. 5: Die Inkompatibilität von Richterämtern an einem Kirchlichen Arbeitsgericht und beim Kirchlichen Arbeitsgerichtshof wird festgehalten.
  • § 20 Abs. 1: Bei der Ernennung der beisitzenden Richter waren bereits nach der alten KAGO Personen aus Einrichtungen der Caritas angemessen zu berücksichtigen. Das diesbezügliche Vorschlagsrecht erhält neu die jeweilige Regional-Kommission der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes (Dienstgeber- bzw. Dienstnehmerseite).
  • § 20 Abs. 2: Zieht sich die Verhandlung einer Sache über mehrere Verhandlungstage hin, erfolgt kein Wechsel der beisitzenden Richter. Dies ist zumindest eine Klarstellung, da diese Frage nach dem bisherigen Gesetzestext unklar war.

 

Zusammensetzung und Arbeitsweise des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs

  • § 22 Abs. 2: Entsprechend der Regelung bei den Kirchlichen Arbeitsgerichten (§ 16 Abs. 2 KAGO) sind Entscheidungen beim Kirchlichen Arbeitsgerichtshof jetzt auch im Regelfall und nicht nur im Verhinderungsfall unter Beteiligung des Vizepräsidenten möglich.
  • § 22 Abs. 3: Hierfür wird ein Geschäftsverteilungsplan für das jeweils folgende Jahr erstellt (vgl. § 16 Abs. 3 KAGO).
  • § 25: Bei der Ernennung von Präsident, Vizepräsident und den beiden Mitgliedern des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofes mit Befähigung zum Richteramt erhält die Deutsche Ordensobernkonferenz neu Gelegenheit zur Stellungnahme.
  • § 26 Abs. 1: Bei der Ernennung der beisitzenden Richter des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofes waren bereits nach der alten KAGO Personen aus Einrichtungen der Caritas angemessen zu berücksichtigen. Entsprechend der Regelung bei den Kirchlichen Arbeitsgerichten (§ 20 Abs. 1 KAGO) erhält neu die Bundeskommission der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes (Dienstgeber- bzw. Dienstnehmerseite) das Vorschlagsrecht. Zusätzlich sind bei der Ernennung der beisitzenden Richter der Dienstgeberseite jetzt auch Vertreter von Orden angemessen zu berücksichtigen; dafür erhält die Deutsche Ordensobernkonferenz das Vorschlagsrecht.

 

Verfahren in erster Instanz

  • § 28: Die Klageschrift muss nunmehr einen bestimmten Antrag enthalten.
  • § 44: Eine Klage auf Auflösung der Mitarbeitervertretung, auf Amtsenthebung eines einzelnen Mitglieds einer Mitarbeitervertretung oder auf Feststellung des Verlusts der Mitgliedschaft in der Mitarbeitervertretung kann nun nur noch von mindestens der Hälfte der Mitglieder der Mitarbeitervertretung oder vom Dienstgeber erhoben werden.
  • § 44a: Eine gänzlich neue Vorschrift über Klagen auf Amtsenthebung oder Feststellung des Verlusts der Mitgliedschaft in einer Kommission nach Art. 7 Grundordnung (also einer KODA) wurde eingefügt.
  • § 44b: Eine gänzlich neue Vorschrift über Wahlprüfungsklagen wurde eingefügt.

 

Revision

  • § 47 Abs. 1: Die Nichtzulassung der Revision im Urteil ist jetzt begründungspflichtig.
  • § 48 Abs. 1: Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist jetzt im Regelfall beim Kirchlichen Arbeitsgerichtshof und nur noch hilfsweise beim jeweiligen Kirchlichen Arbeitsgericht einzulegen.
  • § 50 Abs. 1: Das gleiche gilt neu auch für die Einlegung der Revision. Diesbezüglich wurde das Verhältnis zwischen dem Kirchlichen Arbeitsgerichtshof und dem Kirchlichen Arbeitsgericht umgekehrt.

 

Resümee

Die meisten Änderungen betreffen somit nicht den Gang des Verfahrens, sondern die Zuständigkeit und Zusammensetzung der Gerichte. Als bedeutsamste Neuerungen fallen insgesamt auf:

  • die neue Zuständigkeit für Streitigkeiten aus dem Recht der Mitwirkung in Caritas-Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (§ 2 Abs. 2 KAGO u. a.),
  • die Aufteilung der Fälle zwischen dem vorsitzenden Richter und seinem Stellvertreter nach einem Geschäftsverteilungsplan (§ 16 Abs. 2, 3 KAGO, vgl. § 22 Abs. 2, 3 KAGO),
  • neue Normen für Spezialklagen (§§ 44a, 44b KAGO),
  • die Umkehrung des Verhältnisses zwischen dem Kirchlichen Arbeitsgerichtshof und dem Kirchlichen Arbeitsgericht hinsichtlich der Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision und der Einlegung der Revision selbst.

Weitgehend bleibt damit die KAGO in der bewährten Form erhalten und erfährt keine fundamentalen Änderungen.  

 

Rottenburg, 23.06.2010

Dr. Stefan Ihli
Leiter der Geschäftsstelle des Kirchlichen Arbeitsgerichts Rottenburg